Elektro-Zukunft: Neuvorstellungen auf der IAA München

Elektro-Zukunft: Neuvorstellungen auf der IAA München

Jahrelang wurde der Autobranche gegenüber dem Klimawandel Ignoranz vorgeworfen. Auf der IAA Mobility in München, die vom 7. bis 12. September stattfindet, holt die Branche nun zu einem Befreiungsschlag aus. Sie steht wortwörtlich unter Strom, da die Hersteller beim Messeprogramm auf E-Mobilität setzen. Nahezu alle Autos, die die Besucher sehen können, fahren elektrisch; und nicht nur die Neuheiten. Sind auch Verbrenner zu sehen, sind es meistens Hybrid-Fahrzeuge.

Mercedes ist elektrisch besonders stark vertreten. Gleich sechs neue E-Autos präsentiert der Hersteller bei der Münchner Autoshow. Fahrzeuge mit Auspuff standen bei der Vorstellung in der Werksniederlassung nur in der Vitrine direkt neben dem Eingang.

Bei Mercedes alles elektrisch - von der G-Klasse bis zum Maybach

Der Reigen geht durch alle Preisklassen: Da wäre der Mercedes Mittelklassewagen EQE, eine bodenständige und bezahlbare Alternative zum EQS. Der Smart SUV überrascht mit einer unglaublichen Länge von 4,20 Metern und ist als Ersatz für Forfour und Fortwo vorgesehen. Und dann gibt es noch den EQS SUV, mit dem auch die Elektrifizierung des Maybach geplant ist. Und die Elektroversion der G-Klasse, der Concept EQG, stimmt auf neue Zeiten ein.

Selbst die AMG-Serie der Werkstuner aus Affalterbach hat nun sein erstes E-Auto: mit 560 kW/761 PS geht der EQA 53 an den Start, der GT Viertürer wird zum Plug-in-Hybrid (bis 620 kW/843 PS).

Audi geht noch einen Schritt weiter und nimmt einen zweiten Trend dieser IAA auf: autonomes Fahren mit dem Grandsphere Concept. Diese Studie ist, wie bei der Konkurrenz die Prototypen, für den A8 neu ausgelegt, und zwar auf das sogenannte Fahren nach Level 4.

Innovation: bequeme Sitzes, cooles Cockpit

Mehr Innovation als der starke E-Antrieb mit 530kW/721 PS und einer Reichweite von über 600 Kilometern bieten das Cockpit und die bequemen Sitze. Das Cockpit kann auf Knopfdruck im Armaturenbrett verschwinden. Dadurch entsteht Platz für das digitale Universum. Designchef Marc Lichte ist sich sicher, dass es sich dabei keinesfalls um eine ferne Vision handelt: „80 Prozent davon werden wir in drei, vier Jahren in unserem kommenden Flaggschiff wiedersehen."

E-Mobilität für alle

Andere Marken haben dagegen zum Ziel, diese neue Mobilität nun endlich einer breiten Masse zugänglich zu machen. VW und Cupra (Seat-Tochter) geben einen ersten Ausblick auf einen gemeinsamen E-Kleinwagen, der aus zwei sehr unterschiedlichen Konzepten entwickelt wird. Mit gut vier Metern Länge und einer Reichweite von etwa 400 Kilometern verspricht dieser Stromer Mobilität für Einsteiger. In etwa vier Jahren soll er zu einem Preis ab etwa 20 000 Euro auf den Markt kommen. Da wird dann allerdings weder ein viertüriger ID Life Crossover mit Stoffdach von VW, noch der UrbanRebell, ein Stadtflitzer mit 172 kW/234 PS der spanischen Schwester, am IAA-Stand stehen.

Der Renault Mégane E-Tech bietet weniger Interpretationsspielraum. Laut Firmenchef Luca de Meo soll er im Frühjahr 2022 nicht als Ersatz für den konventionellen Mégane, sondern als E-Kompaktmodell mit deutlich über 400 Kilometern Reichweite als Alternative gegen die Modellen aus dem VW-Konzern antreten.

Eher bieder kommen die Messepremieren des Kia Sportage oder des VW Multivan daher, obwohl beide einen Stecker haben und zumindest als Plug-in-Modelle auf der Bühne stehen.

Bei genauerem Hinsehen lassen sich auch noch ein paar reine Verbrenner entdecken. Hierzu gehören der siebensitzige Jogger von Dacia (Familienkutsche ab 15 000 Euro) und von Mercedes die C-Klasse als Offroad-Version Allterrain sowie der S 680 Guard, der nach der Bundestagswahl als Sonderschutzlimousine vor dem Kanzleramt wartet.

Neue Marken füllen die Lücken der großen Hersteller

Auffallend viele Hersteller wie Opel oder andere Anbieter des Stellantis-Konzerns sowie wie alle Marken aus Japan fehlen auf der diesjährigen IAA. Land Rover oder Jaguar sind auch nicht vertreten. Und das Faszinationspotenzial fällt nach den Absagen großer Luxusmarken wie Bentley, Ferrari, Lamborghini, Maserati und McLaren eher bescheiden aus.

Die Abwesenheit der Großen bietet den Newcomern auf der Münchner IAA  eine große Bühne; nicht nur den viele Fahrradherstellern, die die Autobauer zahlenmäßig deutlich übertrumpfen. Auch neue Automarken mischen sich unter das aktuelle Messeprogramm: Aus China zum Beispiel Ora mit dem Retro-Kleinwagen Cat oder Wey mit dem elektrischen SUV Coffee 01 (Oberklasse). Und Nischenmarken wie ACM oder Microlino füllen die Lücke zwischen Motorrad und Auto.

Jetzt wird es sportlich

Veränderungen präsentiert sogar der Motorsport: Porsche stellt den Mission R vor. Dieser elektrische Rennwagen hat, so die Macher bei Porsche, ebenfalls das Zeug zur Serienfertigung; sowie vor zwei Jahren der Porsche Taycan, der aus dem Mission E entstanden ist. Mitte der 2020er soll der Mission R zunächst Inspiration für einen neuen Rennwagen und später auch für ein  Straßenmodell geben.

Audi RS3, der kleine Geländewagen Taigun von VW und der neue Porsche 911 GTS spielen hingegen keine Rolle. „Ohne Stecker gibt's in diesem Jahr keinen Platz auf der Showbühne", lautet die Zusammenfassung eines VW-Sprechers für das IAA-Konzept.

Mercedes, BMW und Co. ist bewusst, dass noch viele Verbrenner-Autos verkauft werden müssen, um sich Elektroautos im Portfolio leisten zu können. Doch davon spricht in München kaum jemand und solche Autos sind dort erst recht nicht zu sehen.

Spätestens bei der Motorshow in Los Angeles ist dann wieder Zeit für konventionelle Modelle. Auf der IAA sind sie bereits in der Halle der Motorworld zu sehen. Dort haben sich neben einer Handvoll Oldtimer auch Tuning-Modelle versteckt.

Nachhaltigkeit über den Antrieb hinaus

So denken etwa die Macher von BMW aus Bayern. Sie stellen beim Messe-Heimspiel ihre Studie eVision Circular ins Rampenlicht. Der für das Jahr 2040 geplante Elektro-Kleinwagen wird zum einen nahezu vollständig aus Recycling-Material produziert und kann zum anderen irgendwann vollständig wiederverwendet werden. Also nicht ab ins Museum, sondern ab in die Tonne, um so zum Rohstoff für seinen Nachfolger zu werden.

Quelle: www.sueddeutsche.de (© dpa-infocom, dpa:210906-99-116539/3)

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