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Autogipfel: Branche vor schwierigem Umbruch

Eine Kaufprämie für Verbrenner war beim Auto Gipfel am Dienstag kein Thema. Stattdessen soll ein Fonds gebeutelten Firmen helfen. Für die Autoindustrie bleibt die Lage allerdings weiterhin angespannt.

Deutschland ist nach wie vor ein Autoland, dessen Zukunft Wirtschaft und Politik sichern wollen. Zukunft bedeutet unter anderem: eine Führungsrolle beim autonomen Fahren, ein forcierter Ausbau eines kundenfreundlichen Ladenetzes für Elektroautos sowie ein verbesserter Datenaustausch mit anderen Verkehrsträgern.

Diese Kernziele wurden beim Auto Gipfel mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie zahlreichen Vertretern aus Wirtschaft und Politik am Dienstagabend ausgegeben; allerdings mit einem großen Haken: Die deutsche Industrie hängt in einer tiefen Krise fest. Insbesondere die mittelständischen Zulieferer sind vom Verbrenner abhängig. Infolge der rückläufigen Absatzzahlen aufgrund der Corona-Pandemie laufen sie Gefahr, dass ihnen das Geld sowie die erforderliche Energie für Zukunftsinvestitionen ausgehen, in deren Folge auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.

Nachstehend die wichtigsten Entscheidungen des Auto Gipfels im Überblick:

Verbrenner Prämien sind vom Tisch

In den letzten Wochen wurden vor allen Dingen von der CSU Kaufzuschüsse moderne Diesel und Benziner gefordert, die es nach wie vor nicht gibt. Staatliche Förderungen zur Wiederbelebung des schleppend laufenden Marktes sind weiterhin kein Thema. In der Branche wird zwar immer wieder betont, dass die modernen Verbrenner bessere CO2-Werte haben als die meisten Fahrzeuge, die heute auf Deutschlands Straßen unterwegs sind. Ein Ergebnis ist, dass die Prämien von Bund und Industrie bis weiterhin auf Elektro -und Hybridautos beschränkt bleiben.

Firmen in Not: Unterstützung durch Fonds

Ein anderes Instrument ist nun auf dem Prüfstand: Unternehmen wie kleinere und mittelständische Zulieferer, die unter dem Markteinbruch besonders leiden, sollen über einen eventuellen Transformationsfonds Unterstützung erhalten. Hierfür hat sich beispielsweise die IG Metall ausgesprochen. Ziel ist es, die Firmen mit Eigenkapital zu stärken, damit sie zukünftig in Digitalisierung und E-Mobilität investieren können. Andernfalls droht den Unternehmen nicht nur die Insolvenz, sondern auch der Jobverlust zahlreicher Fachkräfte.

Das Modell eines entsprechenden Fonds soll bis November stehen. Die Autoindustrie betont, dass es sich bei diesem Fonds um ein privatwirtschaftliches Instrument handeln solle. Risiken könnten aber über Garantien des Staates abgesichert werden. Allerdings ist es äußerst fraglich, ob kurz vor der Pleite stehende Firmen von dieser Hilfsmaßnahme noch profitieren können. Die Autoindustrie hat derzeit mehr als 800.000 Beschäftigte in Deutschland.

Weitere Hilfen:

Im Rahmen der Verabschiedung des Konjunkturpakets hatte die Bundesregierung ein zusätzliches Programm mit einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro vor allem zur Förderung von Investitionen in neue Technologien beschlossen. Nun soll geprüft werden, ob das Programm nachgebessert wird. Norbert Walter-Borjans (SPD) übte Kritik an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Er habe bisher kein erkennbares Konzept vorgelegt, wie das Geld eingesetzt werden soll. "Altmaier muss die Hersteller einbeziehen, vor allem auf die Zulieferer fokussiert sein und da, wo Steuergeld eingesetzt werden soll, dem Spurwechsel in die Zukunft dienen ", merkte Walter-Borjans am Mittwoch an.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert ebenfalls mehr Tempo. Nach wie vor sei auf den Pkw-Märkten die Kaufzurückhaltung groß, stellte Hildegard Müller(VDA-Präsidentin) fest. Ein Programm für den flotten Austausch bei Lastwagen sei ebenso offen wie Fördermaßnahmen für den Hochlauf der Elektromobilität.

Mit großer Sorge schaut die Autoindustrie nach Brüssel: Die EU-Kommission könnte schon in Kürze detaillierte Pläne für strengere Klimaziele verkünden. In der Autobranche wird davor gewarnt, dass dadurch Firmen beim schwierigen Umbruch überfordert werden könnten.

Autonomes Fahren

Seit Längerem laufen bereits viele Versuche auf Testfeldern. Bisher war es eher eine Vision, dass sich im normalen Verkehr Autofahrer von autonomen Fahrzeugen chauffieren lassen können. Die Umsetzung dieser Vision soll nun deutlich beschleunigt werden mit dem Ziel, das Deutschland gar eine internationale Vorreiterrolle einnehmen soll. Dieses Ziel ist aufgrund der technischen und rechtlichen Komplexität dieses Themas als ehrgeizig zu bezeichnen: Bereits im Jahr 2022 soll der Regelbetrieb möglich sein. Und auch in Deutschland sollen autonome und automatisierte Wagen "erlebbar" sein.

 

Nachdem deutsche Hersteller Tesla, Google oder chinesischen Firmen bisher hinterherfuhren, bringen sie sich nun allmählich in Position. VW wird in den kommenden Jahren Milliarden in entsprechende Systeme stecken. So wurde im Juni eine Partnerschaft zwischen dem US-Autobauer Ford und VW beschlossen. Bei Argo AI, einer Tochter von Ford, die sich auf künstliche Intelligenz spezialisiert hat, wollen sich VW und Ford die Entwicklungskosten teilen. Die Vorschläge des Autogipfels sieht VW-Chef Herbert Diess als Beitrag, um dieses Thema in Deutschland zu etablieren. Bisher laufen Tests ausschließlich in den USA. "Das werden wir jetzt überdenken, wenn sich die Bedingungen in Deutschland ändern."

Und Vernetzung Internet im Auto:

Geplant ist der Aufbau von einem " Datenraum Mobilität ". Die notwendigen Daten will die Autoindustrie hierfür bereitstellen. Der „Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme“ in Hamburg im Herbst 2021 wurde als Zieldatum festgelegt. Für eine gemeinsame Mobilitätsplattform verschiedener Verkehrsträger wie Auto, Flugzeug, Busse und Bahnen, Taxis oder auch E-Scooter kann das ein wichtiger Schritt sein. Eine zukünftige gemeinsame App könnte zur benutzerfreundlichen Vernetzung neuer und existierender Mobilitätsangebote beitragen.

E-Autos: leichteres laden

Auch durch höhere staatliche Kaufzuschüsse habe die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in Deutschland zugenommen. Bisher war nicht nur der hohe Preis, sondern auch die Sorge, dass nicht genügend Ladesäulen sollen zur Verfügung stehen könnten, einer der wichtigsten Gründe für die Kaufzurückhaltung. Einige Fortschritte gibt es zwar schon. Nun soll aber der Ausbau deutlich beschleunigt werden. Zudem soll der Ladevorgang in Verbindung mit einer einheitlichen Bezahlmethode kundenfreundlicher gestaltet werden.

Quelle: www.idowa.de (© dpa-infocom, dpa:200908-99-469729/13)

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