Mehr Ladesäulen von Autoindustrie gefordert

Mehr Ladesäulen von Autoindustrie gefordert

Ladesäulen für Elektroautos haben bislang eher Seltenheitswert. Nach aktuellen Branchenangaben steht für 13 Elektroautos gerade einmal eine Ladesäule zur Verfügung. Bereits in sechs Monaten müssten sich wohl 20 Autos diese eine Ladesäule teilen. Hierzu wollen sich Branche und Politik nun bald beraten und hinsichtlich des Ausbaus des Ladesäulennetzes für Beschleunigung sorgen.

Das Verkehrsministerium hat auf Anfrage in Berlin mitgeteilt: „Ein Spitzengespräch zum Thema Ladesäulen zwischen Bundesverkehrsministerium, Bundeswirtschaftsministerium und der Branche ist derzeit in Planung."

Hildegard Müller, Chefin des Branchenverbandes VDA verlangt eine Konferenz mit Bund, Ländern und Kommunen und Vertretern anderer Branchen: „Ich möchte einen Ladenetz-Gipfel mit allen Playern, und der sollte noch vor Weihnachten stattfinden.“ Zu den Details machte ein Sprecher des Ministeriums zunächst keine weiteren Angaben. Er erwähnte jedoch, dass dieses Thema „bei vielen fachlichen Treffen (…) auf der Agenda“ stehe.

So wurde beispielsweise die „Konzertierte Aktion Mobilität“ genannt, bei der seit Ende 2019 ein regelmäßiger Austausch zwischen Politik und Autobranche stattfände. Ein weiteres Beispiel sei das Treffen zur Zukunft von Nutzfahrzeugen, das am vergangenen Mittwoch stattgefunden habe.

Planungsverfahren beschleunigen, Genehmigungen erleichtern

Müller plädiert dafür, dass neben Bund, Ländern und Kommunen auch Mineralölfirmen, Parkhausbetreiber, Flughäfen und die Gebäudewirtschaft am Treffen beteiligt werden. „Wir brauchen die neuen Akteure am Tisch, alle, die für den Aufbau einer Ladeinfrastruktur mitziehen müssen", ließ Müller im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) verlauten.

Es werde vor allem um die Beschleunigung von Planungsverfahrung sowie die Erleichterung für Genehmigungen von Ladestationen an Tankstellen, die EEG-Umlage-Befreiung für Ladestrom wie auch den Ausbau des Ökostroms gehen. „Ladestrom muss billiger sein als Diesel", so Müller. Außerdem stellte sie auch eine Forderung an Städte und Gemeinden: “Jede Kommune sollte jetzt einen Ausbauplan für Elektromobilität vorlegen, jeder Bürgermeister muss das ganz oben auf die Agenda setzen."

Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, ging mit seinen Forderungen sogar noch einen Schritt weiter. Er verlange mehr Anstrengungen hinsichtlich des Ausbaus eines EU-weiten Ladenetzes für E-Autos sowie einen koordinierten Ausbau erneuerbarer Energien. „Wir gehen davon aus, dass die Einsparziele bei den CO2-Emissionen durch die Europäische Union noch einmal deutlich verschärft werden", erklärte Weil in Hannover. „Das setzt voraus, dass wir überall in Europa über leistungsfähige Ladenetze verfügen." Deshalb müsse neben der Autoindustrie auch die Politik "ihren Teil dazu beitragen, dass die Transformation gelingt und der Automobilstandort Deutschland erhalten bleibt".

Außerdem kündigte Weil an: „Niedersachsen wird ein Zentrum der E-Mobilität im internationalen Maßstab werden." Es werde für Wolfsburg und Osnabrück in 2021 ebenfalls derartige Perspektiven geben. In Bezug auf die Aufstockung der Kapazitäten für eigene Batteriezellen etwa bei VW in Emden gebe es „konstruktive Diskussionen". Salzgitter erhält bereits eine Fertigung.

Vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) war zu hören: Den "Hochlauf der Elektromobilität brauchen die Automobilhersteller genauso wie die Energiewirtschaft, die Logistik und die Wohnungswirtschaft". Bedarf und Anzahl der Fahrzeuge seien ausschlaggebend für den Aufbau der Ladeinfrastruktur, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae. „Mit einem Elektromobilitätsgipfel können wir einen kraftvollen und engagierten gemeinsamen Schritt nach vorne machen."

VW wird bis 2025 fast die Hälfte der Investitionen (insgesamt 150 Milliarden Euro) für Alternativantriebe und Digitales auf 73 Millionen Euro aufstocken. In den kommenden fünf Jahren werden in die niedersächsischen Standorte Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Emden und Osnabrück über 16 Millionen Euro fließen.

Der Stadtwerkeverband VKU zeigte sich dem gegenüber aufgeschlossen. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, dass die kommunalen Unternehmen „in erhebliche Vorleistungen“ gegangen seien. „Ein gemeinsamer Ladegipfel, bei dem Energie- und Automobilwirtschaft an einem Strang ziehen, um der Elektromobilität zum Erfolg zu verhelfen, ist daher richtig." Liebing nahm vor allem die Autobranche in die Pflicht. „Der Gipfel darf nicht nur dazu dienen, dass Automobilhersteller von ihren eigenen Versäumnissen bei der Mobilitätswende in den vergangenen Jahren ablenken.“

Die erhöhten staatlichen Kaufprämien sollten die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen inmitten der Corona-Pandemie ankurbeln. Diese Maßnahme ließ die Nachfrage nach E-Autos nicht nur hierzulande boomen. Nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) lag die Zahl bei neu zugelassenen Pkw mit Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb bei knapp 48.000, das im Oktober einem Marktanteil von 17,5 Prozent entspricht. Im Januar hatte der Marktanteil noch bei 6,7 Prozent (16.000 Neuzulassungen) gelegen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sind bis 2030 laut Bundesregierung sieben bis zehn Millionen E-Autos auf Deutschlands Straßen notwendig.

Dieses Ziel liegt allerdings noch in weiter Ferne: Verglichen mit 2019 waren zu Beginn des Jahres 2020 nur 0,5 (0,3) Prozent des Gesamtbestandes von 47,7 Millionen Fahrzeugen (47,1) reine E-Autos oder Plug-in-Hybride. Von den Experten wird Nachholbedarf vor allem beim Ladenetz gesehen. Erst kürzlich wies der Herstellerverband Acea darauf hin, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit der stark wachsenden Nachfrage nach E-Autos keinesfalls Schritt halte.

„Das wäre nicht gut für die Klimaziele“, sagte Müller, wenn das so bleibe. Dann werde das Interesse an Elektromobilität bei den Kunden schnell wieder nachlassen. Nach aktuellem Stand stehe lediglich ein Ladepunkt für 13 Elektroautos zur Verfügung. Bereits in einem halben Jahr müssten sich aller Voraussicht nach sogar 20 Autos einen Ladepunkt teilen. Als Beispiel nannte Müller den neuen Berliner Flughafen BER. Dieser habe nur 20 Ladestationen - bei 18.000 Parkplätzen. „Das kann nicht deren Ernst sein“, so Müller.

Quelle: www.idowa.de (© dpa-infocom, dpa:201113-99-320144/6)

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