Steigendes Kaufinteresse: Diskussion um Autoprämie kocht hoch

Steigendes Kaufinteresse: Diskussion um Autoprämie kocht hoch

Trotz Corona-Krise und sogar ohne neue Kaufanreize steigt laut einer Umfrage bei den Deutschen das Kaufinteresse für Autos. Allerdings werden lautstark Kaufanreize gefordert. Die Diskussion ist nicht neu. Doch wie ist der aktuelle Stand der Dinge hinsichtlich der für den heutigen Dienstag geplanten Beratungen zum neuen Konjunkturpaket der Bundesregierung?

In der „Welt am Sonntag“ hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder seine Forderung hinsichtlich entsprechender Kaufanreize für Neuwagen erneuert. „Wir nehmen damit alte Autos vom Markt und ersetzen sie durch saubere Fahrzeuge der neuesten Generation.“

Insbesondere die Automobilindustrie wie auch die Autoländer Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen haben in der Coronakrise an einer Kaufprämie als Konjunkturhilfe nach wie vor großes Interesse. Die Umweltverbände lehnen Kaufprämien hingegen ab. Erhöhter Diskussionsbedarf besteht für den äußerst kritisch betrachteten Vorschlag, über Prämien Kaufanreize auch für Benziner und Diesel zu fördern und nicht nur für Elektro- und Hybrid-Pkw, für die es bereits Kaufprämien gibt.

Laut Söder sollen mithilfe der von den oben genannten Bundesländern vorgeschlagenen „Innovationsprämie“ moderne Autos gefördert werden, die weniger CO2 ausstoßen. „Zudem könnten wir die Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität fördern, indem der Staat 50 Prozent der Kosten für private Ladepunkte übernimmt“, so Söder weiter. Von Kritikern dieser geforderten Prämie wird unter anderem auch die Wirksamkeit bezweifelt. So warnt Carl Martin Welcker, Präsident des Maschinenvauverbands VCMA in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Kaufprämien für Autos und vergleichbare Einzelsubventionen wirken selektiv, diskriminieren andere Produkte und erzeugen Mitnahmeeffekte.“ Andere Maßnahmen wie die Förderung von Forschung und Entwicklung und auch steuerliche Entlastungen wären im Sinne einer Aktivierung der Nachfrage sinnvoller.

Weitere Gegenstimmen sind bereits am Samstag laut geworden, so auch solche aus der Union: Falls die Autoprämie tatsächlich komme, sei sie „ein Paradebeispiel dafür, wie sich eine Lobby in Deutschland durchsetzt“, sagte Carsten Linnemann, Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion von CDU und CSU der „Welt“. Auch Ralph Brinkhaus, Chef der Unionsfraktion, sprach sich dagegen aus. Allerdings gab er zu, dass der Druck von Unternehmen, Gewerkschaften und Ministerpräsidenten sehr hoch sei.

Am Sonntag wies der Wirtschaftsexperte Frank Riemensperger auf die negativen Folgen für die Digitalisierung hin. „Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir in der digitalen Infrastruktur fünf bis zehn Jahre zurück“, gab der Deutschland-Chef der Unternehmensberatung „Accenture“ gegenüber der dpa zu bedenken. In der Pflicht ist laut Riemensperger die Politik. „Das ist eine Frage der Industrie- und der Wirtschaftspolitik. Subventioniert man den Kauf von Autos oder subventioniert man die Digitalisierung von 10.000 Unternehmen in Deutschland.“ Insbesondere die Autoindustrie zeige ein Beispiel für Defizite: „Da kann man sehen, was es bedeutet, wenn man die Digitalisierung teilweise verschlafen hat.“ Da die Abhängigkeit der Branche vom direkten Kundenkontakt groß sei, habe es sie besonders getroffen. „Autos werden hierzulande noch immer über Autohäuser verkauft.“ Riemensperger sprach sich nicht grundsätzlich gegen Hilfe für die Autoindustrie aus: „Aber ich glaube, es wäre schlau, nicht das ganze Geld dorthin zu geben.“

Unterstützung erhalten die Automobilhersteller vom Industrieverband BDI. Dessen Präsident Dieter Kempf hat sich in der „Welt am Sonntag“ dafür ausgesprochen, eine derartige Prämie sowohl für E-Autos als auch Verbrenner einzuführen. Im Kern müsse es bei der Förderung um Klimaschutz und Investitionen gehen. „Deshalb ist es durchaus sinnvoll, hierbei auch Fahrzeuge mit modernen und effizienten Verbrennungsmotoren zu fördern, wenn dadurch bestehende Anreize für Elektromobilität nicht verwässert werden.“

Eine Befragung, durchgeführt von der Unternehmensberatung McKinsey, zeigt, dass die Deutschen wieder zunehmend Interesse am Kauf eines neuen Fahrzeugs zeigen - auch ohne Prämie. Von 100 Personen, die bereits vor der Covid-19-Pandemie ein neues Fahrzeug kaufen wollten, möchten dies aktuell 79 auch weiterhin gerne umsetzen. Für die Studie wurden im Zeitraum 9. bis 17. Mai 2002 insgesamt 1000 Bürger befragt. Ihren Plan zum Kauf eines neuen Autos hatten Anfang April nur 58 Prozent aller Kaufinteressenten weiterverfolgt, Mitte April waren es bereits 68 Prozent.

Eine andere Erhebung zeigt jedoch, dass sich die Hersteller hinsichtlich der Gewährung von Kaufanreizung zurückhaltend zeigen. Das ist das Ergebnis einer regelmäßigen Rabattstudie der Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen für den Mai 2020. Laut Studienleiter Ferdinand Dudenhöffer zeigt das Ergebnis, dass sich die Hersteller unmittelbar vor dem Spitzengespräch zum großen Konjunkturprogramm abwartend verhielten. Wie auch Konzernmutter VW hat Audi die Preise sogar noch kurzfristig angehoben.

Außerdem zeigt die Studie, dass die Rabatte für Neuwagen in der Jahresfrist auf breiter Front rückläufig seien. Das gelte sowohl für die Zulassung von Autos auf eigene Rechnung, um sie später mit Nachlässen zu vermarkten wie auch für Preisnachlässe bei Händlern im Internet. Daraus folgerte Dudenhöffer: „Kundenschnäppchen in der Corona-Krise sind Fehlanzeige.“ Aktuell lohne sich der Weg zum Händler für Autokäufer so gut wie nicht. „Das Motto lautet Abwarten“.

(dpa) Quelle: www.idowa.de

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