Ist die Alkohol-Wegfahrsperre für Neuwagen sinnvoll?

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) fordert hinsichtlich der Vermeidung alkoholbedingter Unfälle, Neufahrzeuge mit einer Alkohol-Wegfahrsperre auszustatten. Doch es gibt auch Kritiker dieses Vorschlags.

Mit einer Alkohol-Wegfahrsperre zu verhindern, dass Betrunkene ein Fahrzeug starten können, klingt vernünftig. Dann kann durch sie auch kein Unfall verursacht werden. Eigentlich kein Problem nach Meinung eines Unfallforschers - doch dieser Vorschlag ruft auch Kritiker auf den Plan.

Neufahrzeuge sollten zukünftig grundsätzlich mit einer Alkohol-Wegfahrsperre ausgerüstet werden, um unter Alkoholeinfluss verursachte Verkehrsunfälle mittelfristig komplett zu unterbinden. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat diese Forderung im Vorfeld des Verkehrsgerichtstages in Goslar (28. - 31.01.2020) wiederholt.

Als „innovativ und spannend“ wurde der Vorschlag vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) bezeichnet. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass in Deutschland im Jahr 2018 Alkohol am Steuer für knapp 14.000 Unfälle mit Personenschaden die Ursache war.

Unfälle unter Alkoholeinfluss sind vermeidbar

„Wenn alle betrunkenen Fahrer auf diese Weise durch die Technik am Starten eines Kraftfahrzeugs gehindert würden, gäbe es keine Alkohol-Unfälle mit Toten und Verletzten mehr", so die Überzeugung von Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung.

Er bezieht sich dabei auf eine bisher nicht veröffentlichte Studie der UDV, die sich mit der Wirksamkeit von Programmen mit sogenannten Alkohol-Interlock-Geräten in anderen Ländern befasst hat. Alkohol-Interlock-Geräte, in die eine Wegfahrsperre integriert ist, messen den Atemalkohol. „In den angloamerikanischen Ländern und auch in Europa gibt es bereits vielfältige Erfahrungen mit Atemalkohol gesteuerten Wegfahrsperren", berichtet Brockmann. "Diese zeigen, dass in Fahrzeugen eingebaute entsprechende Geräte effektiv Trunkenheitsfahrten verhindern."

Für Europa neue EU-Richtlinie notwendig

Im vergangenen Jahr hatte sich der Verkehrsgerichtstag bereits mit diesem Thema befasst. Das Gremium befürwortete damals den Ansatz, Ersttätern mit einem Alkoholwert unter 1,6 Promille die Option zu bieten, durch den Einbau einer Alkohol-Wegfahrsperre ein Fahrverbot zu verkürzen oder die komplette Entziehung der Fahrerlaubnis zu verhindern. Dafür sei es aber notwendig, Gesetze entsprechend zu ändern, so Brockmann. Allerdings sei nicht festzustellen, dass daran aktuell gearbeitet werde.

Am einfachsten sei es laut Brockmann, eine bestehende EU-Richtlinie entsprechend zu erweitern. Die Staatengemeinschaft der EU hatte im November 2019 beschlossen, den Einbau einer Vorrichtung für den Anschluss einer Alkohol-Wegfahrsperre in Neuwagen ab 2022 festzuschreiben. „Die Fahrzeuge sollten verbindlich jedoch nicht nur eine solche Schnittstelle, sondern auch eine Alkohol-Wegfahrsperre bekommen", so die Forderung Brockmanns. Zur Kontrolle müssten Autofahrer dann vor dem Start in ein Röhrchen blasen. "Dies würde schrittweise dazu führen, dass es kaum noch alkoholbedingte Unfälle gibt."

Verringerung der Rückfallquote

Grundsätzlich halte der ADAC den Einbau einer Schnittstelle für die Alkohol-Wegfahrsperre für sinnvoll, so ein Sprecher. Diese Alkohol-Interlocks könnten dann bei alkoholauffälligen Kraftfahrern in Verbindung mit rehabilitativen Maßnahmen sowohl zur Verringerung der Rückfallquote als auch der Wiederherstellung der Fahreignung beitragen. Die Verpflichtung, Alkohol-Interlocks in alle Pkw einzubauen, werde vom ADAC allerdings als unverhältnismäßig abgelehnt.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat zeigt sich aufgeschlossener: „Ziel ist es, Alkoholfahrten in Deutschland zu verhindern", sagte dessen Sprecherin Julia Fohmann. Zurzeit werde im DVR noch diskutiert, ob es tatsächlich erforderlich sei, in allen privaten und gewerblichen Fahrzeugen Alkohol-Wegfahrsperren direkt einzubauen. Im vergangenen Jahr habe sich der Verkehrsgerichtstag dafür bekanntlich nicht begeistern können.

Am diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar kommen wieder bis zu 2000 Verkehrsexperten sowie Juristen aus Verwaltungen, Ministerien, Gewerkschaften, Hochschulen und Verbänden zusammen, um unter anderen über die Themen „Fahranfänger - neue Wege zur Fahrkompetenz“, „Elektrokleinstfahrzeuge“ und „Aggressivität im Straßenverkehr“ zu diskutieren.

(dpa) Quelle: www.augsburger-allgemeine.de

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