Bodenampeln an Straßenbahngleisen sollen Handynutzer schützen

Bodenampeln an Straßenbahngleisen sollen Handynutzer schützen

Die Zahlen sind erschreckend: Im Straßenverkehr ist jeder sechste Fußgänger durch die Nutzung seines Smartphones abgelenkt. Schnell noch eine Nachricht tippen, während die Fahrbahn überquert wird – ohne sich bewusst zu sein, sich (und andere) mit diesem Verhalten in Lebensgefahr zu begeben. Aus diesem Grund testen bereits die ersten Städte Bodenampeln an Straßenbahngleisen zum Schutz der Handynutzer.

Die Zeiten ändern sich: Früher haben lautstark telefonierende Personen in Bussen oder Bahnen den deutschen Nahverkehrsunternehmen Kopfzerbrechen bereitet, heute sind es die Smartphone-Nutzer, weil diese mobilen Alleskönner das Leben ihrer User bestimmen. Beschwerden über laut kommunizierende Handy-Nutzer gibt es heute kaum noch. Angst haben Auto- und auch Straßenbahnfahrer dagegen heute vor Fußgängern (und sogar Radfahrern), die, mit ihrem Smartphone beschäftigt, einfach die Straße überqueren, ohne den Verkehr dabei im Blick zu haben.

In Köln und Augsburg wurden mittlerweile spezielle Ampeln eingerichtet, die vor allem abgelenkte Fußgänger vor herannahenden Straßenbahnen warnen. Hierfür wurden in den Boden LED-Lichtleisten eingebaut, die bei Gefahr leuchten. Mit dieser Maßnahme haben die Verkehrsbetriebe auf die zunehmende Zahl von Unfällen reagiert, zu denen es durch und mit abgelenkten Fußgängern gekommen ist. Ein 15-jähriges Mädchen ist gestorben, weil es ohne zu schauen auf die Straßenbahngleise lief – sie hörte Musik und hatte Kopfhörer auf. Ähnlich erging es einem Siebzehnjährigen in München. Und in Witten wurde ein 19-Jähriger von der Straßenbahn erfasst. Er trug ebenfalls Kopfhörer und war einfach vor die Straßenbahn gelaufen.

Diese Ereignisse haben einen Mitarbeiter der Augsburger Stadtwerke auf die Idee gebracht, an zwei Übergängen von Straßenbahnen Warnlichter im Boden zu platzieren, die bei Gefahr rot blinken. Der Sprecher der Stadtwerke Augsburg, Jürgen Fergg, bestätigt: "Die Zahl der gefährlichen Situationen hat deutlich zugenommen.“ Infolgedessen reagierte die Stadt auf die zahlreichen Beinahe-Unfälle und Zusammenstöße mit Leichtverletzten.

Eine Dekra-Studie hat ans Licht gebracht, das zum Telefonieren, Musik hören oder Nachrichten schreiben jeder sechste Fußgänger sein Smartphone bedient – während er aktiv am Straßenverkehr teilnimmt. In Stockholm, Rom, Paris, Brüssel, Amsterdam und Berlin wurden 14 000 Passanten von Wissenschaftlern beobachtet. Besonders beängstigend ist, dass knapp beim Überqueren der Fahrbahn acht Prozent der Fußgänger auf ihrem Smartphone tippen. Dazu die Dekra Unfallforschung: "Wie zu erwarten war, benutzten jüngere Fußgänger tendenziell häufiger das Smartphone als ältere.“
Das belegen die Zahlen eindeutig, denn in der Altersgruppe 25 bis 35 ist im Straßenverkehr sogar jeder vierte Fußgänger durch sein Smartphone mit den Gedanken woanders.

Logische Konsequenz: In Augsburg wurden die mit den normalen Ampeln verbundenen Lichtleisten an zwei von besonders vielen Schülern und Studenten frequentierten Punkten installiert. Pressesprecher Fergg betont, dass diese Warn-LEDs nicht nur Handynutzer, sondern auch alle anderen Fußgänger sensibilisieren sollen, die gerne einmal die rote Ampel übersehen: „Jetzt muss man dann auch noch eine rote Linie überschreiten.“

Augsburg hat dieses System über das in Köln stattfindende Pilotprojekt kennengelernt. In der Rhein-Metropole sind an drei Haltestellen Bodenlichter installiert. Mithilfe eines Testbetriebs soll anhand einer Untersuchung die Wirkung der LED-Leuchten dokumentiert werden. „Wir wollen herausfinden, ob ein Gewöhnungseffekt eintritt“, so die Erklärung von Stephan Anemüller (Kölner Verkehrsbetriebe). Nach der Auswertung werde die Entscheidung getroffen, ob noch andere Übergänge mit dem Warnsystem ausgestattet werden. Auch in Augsburg befindet man sich noch in der Beobachtungsphase. Es wird geprüft, ob sich die Technik im Alltag bewährt.

Köln hat sich in diesem Zusammenhang noch eine andere Initiative einfallen lassen, um unvernünftigen und abgelenkten Radfahrern und Fußgängern den Spiegel vorzuhalten. 2014 startete die Kampagne „Köln steht bei Rot!“ An Verkehrsknotenpunkten stehen grün und rot gekleidete Pantomimen, die den Fußgängern verdeutlichen, dass sie sich ebenfalls an geltende Verkehrsregeln halten müssen. Unterstützt wird diese Aktion durch Plakate und Sonderkontrollen der Polizei: "Wir wollen daran erinnern, dass Ampeln eine Sicherheitsfunktion haben", so Anemüller. (dpa)

Quelle: goettinger-tageblatt.de

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