Elektroauto kaufen: neu oder gebraucht?

Elektroauto kaufen: neu oder gebraucht?

Die Zulassungszahlen für Fahrzeuge mit Elektroantrieb nehmen Jahr für Jahr zu. Insofern erhöht sich auch das Angebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt entsprechend.

Das ist gut für Kaufwillige, da die Preise für gebrauchte E-Autos fallen: „Die Verlängerung der großzügigen Förderprämie für E-Autos sorgt für eine ziemliche Verzerrung am Markt", so Holger Ippen von der "Auto Zeitung".

Im Sommer 2020 wurde die Prämie erhöht. Die aufgerufenen Gebrauchtwagenpreise werden seit diesem Zeitpunkt nunmehr von hinten aufgerollt und müssen mit den geförderten Neupreisen konkurrieren. Vom Staat und den Autoherstellern erhalten Käufer von Neuwagen mit reinem Elektroantrieb bis zu 9000 Euro. Kein Wunder, dass die realen Verkaufspreise unter Druck geraten, was auch von der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) bestätigt wird.

„Die aktuell geltenden hohen Förderprämien sorgen in der Tat dafür, dass sich das Preisgefüge vor allem bei kleineren und damit günstigeren E-Autos verschiebt und die bereits am Markt befindlichen Fahrzeuge zusätzlich unter Druck setzt", erläutert Martin Weiss von der DAT.

Der Preisverfall wird zudem durch eine DAT-Analyse bestätigt. So liegt der Restwert bei einem dreijährigen E-Auto aktuell lediglich bei 50,7 Prozent des Neuwagenpreises. Auf stabile 53,1 beziehungsweise 55,8 Prozent kommen Diesel und Benziner. Deshalb lautet der Rat von Weiss, dass verkaufswillige Besitzer von E-Autos ihr Fahrzeug im Zweifelsfall noch länger fahren oder einen harten Schnitt machen und das Auto gegen einen geförderten Neuwagen eintauschen sollten.

Schnelle Fortschritte bei der Technik

Auch die Technik älterer Stromer erschwere den Verkauf. „Gerade bei E-Autos geht die technische Entwicklung enorm schnell voran“, sagt Stefan Bratzel vom Auto Institut CAM. Das beziehe sich vor allem auf die Batterie- und Ladetechnik. Bei älteren Modelle dauere es meist deutlich länger, um den Akku aufzuladen. Deshalb sollten Kaufinteressenten unbedingt darauf achten, dass mehrphasig geladen werden könne und der Wagen möglichst auch eine Schnellladenfunktion verfüge.

Beim Herzstück von E-Autos, also der Batterie, sieht Bratzel bei gebrauchten Stromern grundsätzlich keine größeren Fallstricke. Die langen Garantien von bis zu acht Jahren, die viele Hersteller auf die Batterien geben, sei ein großer Vorteil. Zudem seien andere Komponenten von E-Autos wie beispielsweise die E-Motoren, sehr robust und langlebig. „Insgesamt gesehen ist ein E-Auto ein Fahrzeug mit sehr übersichtlichen Komponenten.“

Wie lange lässt sich versprochene Reichweite erzielen?

Die Reichweite ist abhängig von der Kapazität der Batterie - und hier müssten insbesondere bei älteren E-Autos Abstriche gemacht werden, so die Meinung von Holger Ippen: „Die Lebensdauer einer Batterie liegt deutlich unter der eines Verbrennermotors.“ Ein Diesel oder Benziner ist auf mindestens 250.000 Kilometer ausgelegt, die Hersteller eines E-Auto-Akkus kalkulieren mit etwa 150.000 Kilometern. „In etwa diese Laufleistung werde bei den Garantieversprechen als Grundlage für die errechneten 80 bis 85 Prozent Restkapazität angenommen.“

„Wer beispielsweise über einen gebrauchten Smart nachdenkt, der mit einem neuen Akku eine Reichweite von 130 Kilometern hat, der muss damit rechnen, dass er nur noch knapp 100 Kilometer weit kommt - und im Winter noch weniger", gibt Ippen zu bedenken. Sind dann auch noch geeignete Möglichkeiten zum Laden eher rar, bleibe so ein Fahrzeug ein Ladenhüter.

Weiss rät bei der Diskussion über die Batterie allerdings zu mehr Gelassenheit. „Nach anfänglicher Skepsis hat sich in der Praxis gezeigt, dass Akkus bei sachgemäßem Umgang sehr robust sind und sich Ängste über die schnelle Zustandsverschlechterung als unbegründet erweisen." Nur sehr schnelle Be- und Entladevorgänge seien für den Akku tatsächlich belastend.

Batterie zur Miete

Die aktuelle Marktsituation ist vor allem für Kaufwillige kleinerer Stromer profitabel. „Das betrifft beispielsweise Modelle wie Renault Zoe, BMW i3 und Nissan Leaf", sagt Weiss. Und laut Ippen sind Kleinwagen wie Renault Zeo oder Nissan Leaf vor allem auch deshalb interessant, weil die Batterie nur mietet wird. Insgesamt habe der noch junge Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos eine gute Entwicklung genommen, sodass Schnäppchenjäger immer fündig werden könnten.

„Doch nur wer den Reichweitenverlust eines älteren Akkus in Kauf nimmt und beispielsweise auch die Möglichkeit hat, zu Hause aufzuladen, der kann aktuell für wenig Geld in die E-Mobilität einsteigen", so die Meinung Ippens.

 

Quelle: www.sueddeutsche.de (© dpa-infocom, dpa:210617-99-34651/3)

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